SAP-Prognose zum Einkauf: Die Zukunft wird digital

Die Unternehmenssoftwareschmiede SAP ist sich sicher: Die Zukunft des Einkaufs wird digital. So eine aktuelle Studie, die SAP Ariba im Juni vorgestellt hat.

Handels- und Industrieunternehmen sammeln bereits lange große Datenmengen aus Produktion, Marketing, Vertrieb, Finanzen, Anlagen und Betrieb bis hin zu Transaktionsdaten zu Lieferanten, Kunden und Partnern. Dass diese Big Data –  sinnvoll genutzt – das Potenzial haben, den klassischen Einkauf von Grund auf neu zu gestalten, liegt auf der Hand. Gewerbliche Verbundgruppen und Genossenschaften sammeln über das Instrument der Zentralregulierung bzw. der Zentralfakturierung große Datenmengen. Doch werden diese Daten auch sinnvoll vom Einkauf genutzt?Die Chancen, die Digitalisierung zur Verbesserung der Beschaffung zu nutzen, indem Prozesse standardisiert und automatisiert werden und so im Einkauf mehr Zeit für konzeptionelle und strategische Aufgaben geschaffen wird, stehen nicht schlecht.

Allerdings setzt ein  solches Vollelek­tro­ni­sches Procu­re­ment die Anbin­dung aller oder eines wesentlichen Teils der Liefe­ran­ten voraus. Aktuell schwankt der Anteil der elektronischen Anbindung von Liefe­ran­ten an die bestel­len­den Unter­neh­men in Deutschland zwischen fünf und 50 Prozent. Dieser Wert unter­mau­ert die bestehende Annahme, dass der Einkauf noch lange nicht so digita­li­siert und automa­ti­siert ist.

In anderen Weltregionen ist man da schon weiter. Laut einer aktuellen, von SAP Ariba unterstützten Studie der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt nutzen führende Einkaufsorganisationen in den USA und Europa Big Data und Predictive Analytics, um einen Blick in die Zukunft zu werfen und ihr Beschaffungswesen bestmöglich dafür aufzustellen. Die Ergebnisse der Studie wurden auf der SAP Ariba Live präsentiert im vergangenen Juni präsentiert.

Prof. Dr. Karsten Machholz, Dozent für Einkaufs- und Logistikmanagement Internationale Logistik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und Ko-Autor der Studie „Procurement Goes Digital“ ist sich sicher: „Die moderne Welt ist digital, mit enormen Chancen für die Unternehmen, die nun sehr viel effektiver auf Kunden und Märkte reagieren und neue Entwicklungen vorwegnehmen können“.

Um die Prioritäten und Herausforderungen der Unternehmen auf dem Weg zur Digitalisierung besser einschätzen zu können, führte die Hochschule in Zusammenarbeit mit SAP Ariba zwischen Dezember 2016 und Februar 2017 eine Befragung von mehr als 650 Einkaufs-, Finanz- und Supply-Chain-Managern aus zahlreichen europäischen und US-amerikanischen Unternehmen durch.

Dabei zeigten die Einkäufer eine klare Prioritätenliste. Eine klare Mehrheit (72 %) sah in Big Data und die prädiktiver Analyse die größte Priorität. Mit deutlichem Abstand folgten das Internet der Dinge (IoT) und Industrie 4.0 (43 %), Automatisierung (39 %), Cloud Computing (38 %) und Business-Netzwerke (33 %).

Auch wenn es bei den Grundlagen in Form der elektronischen Anbindung noch fehlt, sah man die Zukunft des Einkaufs durch die Automatisierung bestimmt. Regions- und branchenübergreifend waren sich 73 % der Umfrageteilnehmer einig, dass der Trend zur Automatisierung den operativen Einkauf erheblich umgestalten und von einer taktischen zu einer stärker strategisch ausgelegten Aufgabe machen wird.

Zu den inhaltlichen Feldern der Digitalisierung im Einkauf nimmt die SAP-Studie wenig Bezug. Hier wird OpusCapita ,die gemeinsam mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) ebenfalls in diesem Jahr eine Studie zur Zukunft des Einkaufs durchgeführt haben klarer Stellung. Neben dem generellen Ziel der Automatisierung, die Kosten sparen und Effizienz steigern soll, erwarten die Einkaufsverantwortlichen große Vorteile durch eine engere Kooperation der Bereiche Beschaffung und Finanzen.

Einen Grund für die vergleichsweise geringe Verbreitung der elektronischen Anbindung von Lieferanten und Kunden sehen die Einkäufer bei den Lieferanten: Fast 70 Prozent der Befragten hatten beispielsweise Zweifel, ob ihre gegenwärtige Lieferantenbasis den Anforderungen der Zukunft gewachsen ist.

Aber auch unternehmensintern besteht Verbesserungsbedarf. 38 Prozent erkannten in der mangelnden abteilungsübergreifenden Vernetzung ein mögliches zukünftiges Risiko für ihre Lieferkette. 37 Prozent sahen Risiken im Zusammenhang mit zu geringer operativer Effizienz und dem Vordringen neuer Technologien.

Für die Zukunft des Einkaufes zeichnet sich damit deutlich ab, dass die Unternehmen die Qualität der Lieferanten auch danach bewerten, wie sie sich in eine globale Gesamtstrategie eingliedern und wie sie die Vernetzung zu den Käufern als entscheidenden zukünftigen Wettbewerbsfaktor fördern.